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Vertrauen

Nach dem von infratest dimap durchgeführten ARD Deutschlandtrend für Januar 2025 stellen Migration und Wirtschaft wichtige Problemthemen dar. „Gefragt nach den wichtigsten Problemen, die die Politik nach der Wahl angehen sollte, nennen 37 Prozent die Zuwanderung, ein gutes Drittel die Wirtschaft“. Quelle

Zuwanderung ist also für viele Menschen in Deutschland aktuell ein wichtiges Thema. Gestützt auf Daten des European Social Survey für Deutschland, die im Rahmen von Runde 11 in der 2. Jahreshälfte von 2023 erhoben worden waren, habe ich deshalb herauszufinden versucht, welche Faktoren Nähe zur AfD erzeugen können und welche Rolle darunter dem Faktor „Migration“ zukommt. Auswerten konnte ich dafür auf Basis der für Deutschland repräsentativen Survey-Daten für die 15+ jährige Bevölkerung, ob angegeben wurde, bei der letzten Bundestagswahl der AfD die Zweitstimme gegeben und/oder sich dieser Partei näher gefühlt zu haben als anderen Parteien des politischen Spektrums.

Herauskristallisiert haben sich in dieser Analyse 6 Einflussfaktoren (Durch Klicken auf die Grafik rechts oben können Sie das numerische Ergebnis genauer betrachten): Nähe zur AfD ist danach verbunden mit Misstrauen in den Bundestag, Unzufriedenheit mit der Art und Weise, wie die Demokratie in  Deutschland funktioniert und einer gegen Zuwanderung gerichteten Haltung. Zudem wird für sich eher nicht die Haltung reklamiert, dass alle Menschen auf der Welt gleich behandelt bzw. im Leben die gleichen Chancen haben sollten. Nähe zur AfD wird zudem leicht befördert durch Misstrauen in die Mitmenschen und wenn man sich selbst weniger stark als glückliche bzw. stärker als unglückliche Person sieht.

Die Auswertung erbrachte insbesondere diese Einflussfaktoren:

exp(b)

1,8 Konstante

0,7 Vertrauen in das Parlament (-7,5)

0,8 Zufriedenheit mit der Demokratie (-6,0)

1,4 Gegen Immigration (3,3)

0,8 Gleiche Chancen für Alle (3,0)

0,9 Vertrauen in Mitmenschen (-2,4)

0,9 Persönliches Glück (-2,4)

Die ausgewiesenen Faktoren entsprechen den exp(b) einer logistischen Regression. Faktoren > 1 erhöhen die Nähe zur AfD, Faktoren < 1 wirken entgegengesetzt; kein Einfluss bei Faktor 1,0. In Klammern werden t Werte ausgewiesen (t=b/s.e = Effektschätzung, dividiert durch ihren Standardfehler). Alle ausgewiesenen Einflussfaktoren sind statistisch signifikant. Stichprobenumfang=2.420, abzgl. 136 Personen aufgrund fehlender Werte in einbezogenen Variablen. Valides N=2.284.

Berechnungsgrundlage und Messung der Variablen im ESS 11: Logistische Regressionsgleichung folgender Zielvariablen: y=1, wenn ein Respondent angegeben hat, der AfD bei der letzten Bundestagswahl die Zweitstimme gegeben bzw. sich dieser Partei verbundener als anderen Parteien gegenüber gefühlt zu haben (y=0 ansonsten). Ausgewiesen werden Einflussfaktoren einer als „odds“ oder „Chance“ bezeichneten formalen Größe, bei der die Wahrscheinlichkeit, in der Zielvariable den Wert 1 zu haben, zur Komplementärwahrscheinlichkeit in Beziehung gesetzt wird. Diese formale Größe haben wir oben mit dem Begriff „Nähe“ umschrieben. Den Einflussfaktoren liegen in der ESS-Umfrage nachfolgende Frageformulierungen zugrunde:

  • Wie sehr dem Bundestag persönlich vertraut wird (0=überhaupt nicht, 1, 2, …, 10= voll und ganz).
  • Wie zufrieden die befragte Person - alles in allem - mit der Art und Weise ist, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert? (0=äußerst unzufrieden, 1, 2, …, 10=äußerst zufrieden)
  • Wie vielen Zuwanderern, die aus den ärmeren Ländern außerhalb Europas nach Deutschland kommen, erlaubt werden sollte herzukommen und hier zu leben (0=vielen erlauben, 1=einigen, 2=ein paar wenigen, 3=niemandem erlauben)
  • Wie ähnlich oder unähnlich der befragten Person eine Person wäre, die es für wichtig hält, dass alle Menschen auf der Welt gleich behandelt werden sollten. Die glaubt, dass jeder Mensch im Leben gleiche Chancen haben sollte. Eine solche Person wäre der befragten Person 5= sehr  ähnlich, 4=ähnlich, 3=etwas ähnlich, 2= nur ein kleines bisschen ähnlich, 1= nicht ähnlich, 0= überhaupt nicht ähnlich (zugeordnete Zahlenfolge gegenüber Originalversion umgedreht).
  • Ob befragte Person glaubt, dass man den meisten Menschen vertrauen kann, oder dass man im Umgang mit anderen Menschen nicht vorsichtig genug sein kann? (0=man kann nicht vorsichtig genug sein, …, 1, 2, 3, …, 10=man kann den meisten Menschen vertrauen.)
  • Was befragte Person, alles in allem betrachtet, sagen würde, wie glücklich sie ist (0=äußerst unglücklich, 1, 2, 3, …., 10=äußerst glücklich)

Als Gewichtungsvariable wurde "anweight" verwendet. Erklärungsleistung der logistischen Regression: McFadden’s Pseudo-R2=0.289

Quellenangaben:

  • Das Management der deutschen Teilstudie des ESS liegt bei GESIS Leibniz Institute for the Social Sciences. Datenerhebung durch Verian (zuvor Kantar Public). Modus der Datenerhebung ist Face to Face und erfolgte vom 09.05. – 21.12.2023.
  • European Social Survey European Research Infrastructure (ESS ERIC)(2023). ESS11– integrated file, edition 2.0. [Data set]. Sikt - Norwegian Agency for Shared Services in Education and Research. doi:10.21338/ess11e02_0 (Production date of file is 20. November 2024)
  • European Social Survey (2022). ESS Round 11 Source Questionnaire. London: ESS ERIC Headquarters c/o City, University of London